Ministerium der Angst

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Halle im Sommer 1981: Peter Winzer steht am späten Nachmittag auf dem Marktplatz. Mit der Straßenbahn will er zu Freunden nach Halle-Neustadt ins „Gastronom“ fahren. Plötzlich merkt der 21-Jährige, wie sein Körper rebelliert. Ein Hitzegefühl schießt ihm in den Kopf, bis in die Haarspitzen und wandert in Schauern langsam abwärts über den ganzen Körper. Schwindel erfasst ihn. Der junge Mann fürchtet, plötzlich umzufallen. Der große Platz, die vielen Menschen überfordern ihn plötzlich. Vor einem halben Jahr haben ihn Mitarbeiter der Staatssicherheit abgeholt und elf Stunden lang verhört. Die Stasi lässt seitdem nicht locker. Nun übermannt ihn Angst  – er bekommt…

Wenn aus Liebe Angst wird

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Er hat mich mitten in der Nacht aus dem Bett und ins Auto geschleift, ist mit mir in die Wüste gefahren, hat mir ein Messer  an den Hals gehalten und wollte von mir wissen, mit wem ich die Affäre habe, die es nie gegeben hat. In dem Moment habe ich gedacht ich sterbe, ich habe mein Leben an mir vorbeiziehen sehen. Katharina* Katharina (*Name geändert) ist geflohen. Vor ihrem eigenen Mann. Dem Mann, der sie über 14 Jahre lang terrorisiert, kontrolliert und immer wieder misshandelt hat. Viele Frauen brauchen lange, um ihren Partner zu verlassen. Weil sie Angst davor haben,…

Kleine Dosis, große Wirkung

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Florian K. lebt ein turbulentes Leben – bis Crystal Meth in ihm eine Angst auslöst, die ihm den Boden unter den Füßen wegreißt. Es ist noch dunkel an diesem Montagmorgen im Frühsommer 2016. Die Hände und Arme kribbeln. Er atmet schnell. Das Herz rast. Schweiß rinnt die Stirn hinunter. Die Finger von Florian K. klammern sich um das Lenkrad des Firmenwagens. Er ist gerade auf der Autobahn 38 unterwegs. Sein der Beifahrer: die Angst vor dem Tod. Bevor es zu einem Unfall kommt, lenkt der  30-Jährige den Wagen auf die rechte Seite, löst den Sicherheitsgurt, steigt aus und legt sich…

Kilometer 112,2

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Eines Tages warf sich ein Jugendlicher vor den Zug von Dominik R. Wie Menschen, die sich selbst töten, das Leben von Lokführern zur Hölle machen. Wie alles begann Der grobe Sand auf den morgenkalten Schienen wird unter den Stahlrädern zu Staub zermahlen. Lokführer streuen ihn bei einer Notbremsung, um die Reibung auf dem Gleis zu erhöhen und das Unausweichliche zu verhindern. Wie in einer Sanduhr fallen die Körner aus einem Schlauch auf das Metall. Funken fliegen. 40 Meter. Ein Pfiff übertönt das Quietschen der glühenden Bremsen. 20 Meter. Es reicht nicht! Hau ab! Der Jugendliche liegt auf den Schienen, das Gesicht…

Vom Spiel mit der Angst

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Wenn sie singt, dann wird nichts mehr so sein, wie es einmal war. Mit sanfter, leiser Stimme – als würde eine Mutter ihr Kind in den Schlaf wiegen – singt die Morena ihre wehrlosen Opfer in den Tod. Und sie weiß schon, wer der nächste sein soll. Sie klingelt an der Tür. Die Morena, die Marco M. Weber in den Händen hält, als er von seinem Projekt erzählt, singt nicht. Sie ist aus Stroh und dient dazu, sein Vorhaben zu veranschaulichen.  „Es fasziniert mich, dass jemand etwas so Gewaltsames wie den Tod durch etwas so Sanftes wie den Gesang hervorrufen könnte“,…

Wie ein schlechter Traum

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Michael Volkmann wuchs in mehreren DDR-Heimen auf. Er sollte dort zu einer sozialistischen Persönlichkeit gemacht werden – und entwickelte Ängste.  Vor Erziehern, engen Räumen und zu viel Nähe. Ihr Schatten wird kleiner, Stück für Stück. Er will nicht, dass sie geht. Er rennt auf sie zu, wird festgehalten und kommt nicht weiter. Der Siebenjährige schreit. Nichts passiert. Er schreit immer lauter während die Schritte seiner Mutter immer leiser werden und schließlich verhallen. Dann ist sie weg. Zurück bleibt dieser Erzieher mit seinen kräftigen Armen. Kommen wird die Angst vor ihm und anderen Erziehern. Später entwickelt sich daraus eine weitere Angst:…

Angst vor dem Fliegen

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Sophie Reimann blickt etwas skeptisch auf den Tragschrauber von Pilot Willi Horka. „Man sitzt ja quasi im Freien“, stellt die 27-jährige Hallenserin fest. Kritisch beäugt die kleine, schwarzhaarige Frau die Rückbank auf der sie in wenigen Minuten Platz nehmen soll und tastet diese ab. Die Karosserie ist sehr dünn, der mit Stoff überzogene Sitz sieht ein wenig verbraucht aus. Der Joystick des Piloten scheint nicht sehr stabil zu sein. Der jungen Frau ist mulmig zumute. Sehr früh ist sie an diesem Mittwochmorgen aus Halle zum Sportflugplatz Oberissdorf bei Eisleben gefahren. Mit dem Rundflug im Tragschrauber will Reimann ihre Grenzen austesten,…

Panikattacken: Wenn das Leben still steht

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Zuerst kommt der Schwindel. Dann das Schwitzen und Zittern, das Herzrasen und Herzstechen. Dazu hämmern die Gedanken im Kopf: Das war’s jetzt. Ich sterbe. Wenn Theresa Schulz (Name von der Redaktion geändert) von einer Panikattacke befallen wird, dann hat sie Todesangst. „Man ist in dem Moment so sehr davon überzeugt zu sterben, dass man am Ende den Tod als eine Erlösung sieht.“ Theresa Schulz ist 23 Jahre alt. Viel zu jung zum Sterben. Und trotzdem haben die Gedanken daran ihr Leben kontrolliert, sie immer weiter eingeschränkt, bis selbst Aufstehen zu einer unmöglichen Herausforderung wurde. Die junge Frau leidet wie etwa…

Angst vorm Alter(n)

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Fototermine, Parties, Auftritte im Mittelpunkt des Geschehens. Christiane Henschel ist das Leben im Scheinwerferlicht gewöhnt. Die 35-Jährige ist als Model und DJane weltweit tätig und seit 2004 in verschiedenen europäischen „Playboy“-Magazinen zu sehen. Der Druck der Branche spielt eine wesentliche Rolle in ihrem Leben. Henschel hat Angst vor dem Altern und nimmt daher große Mühen auf sich. „Ich habe es nicht gebraucht, aber ich wollte es unbedingt.“ Christiane Henschel Mit 15 beginnt sie,  regelmäßig in Fitnessstudios zu trainieren. Mit 24  hat die  Leipzigerin zum ersten Mal eine Schönheitsoperation an sich vornehmen lassen, eine Brustvergrößerung. „Viele meiner Freundinnen haben damals etwas…

„Ich bin hier nur zu Gast“

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Gazwhan Zaghal, 38, hatte ein tolles Leben, in einem wunderschönen Land – Syrien. Wegen des verheerenden Krieges, beschloss er zu fliehen. Per Facebook hat die MZ ihre Leser dazu aufgerufen, Fragen an den syrischen Geflüchteten  zu stellen und erhielt dutzende Zuschriften. Aufruf über Facebook   Ghazwan Zaghal, 38, stammt aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens. Bevor der Krieg das Leben in seiner Heimat bestimmte, arbeitete er dort als Frisör in seinem eigenen Salon. Als dieser von einer Autobombe zerstört wird, beschließt der Syrer zu fliehen. Knapp 6 000 Kilometer und viele Monate später erreicht er Potsdam und wird im Oktober 2015…